Was macht man bei den Wüstentagen?- und was bedeutet es, dass die Bezahlkarte für Geflüchtete umgesetzt wird?

Ende Februar bis Anfang März waren wir bei den Wüstentagen. Die Wüstentage haben nichts mit Wüste(n) zu tun, aber WÜST ist es manchmal schon… Kein Wunder, wenn ca. 20 Jugendliche und junge Erwachsene eine Woche als WG auf Zeit zusammen leben und versuchen, einen solidarischen und gleichberechtigten Alltag zu leben. Wie viel Nudeln essen 22 Leute? Wo ist noch Schokolade und wo bekomme ich neue her? Wie kommen wir ans Holz fürs Lagerfeuer? Und wer leitet das Plenum an? Solche Fragen kommen schon mal vor. Ist aber auch kein Problem. Am Anfang der Wüstentage werden gemeinsam Regeln für das Zusammenleben besprochen und alle tragen sich in Dienste ein, um gemeinsam den Haushalt zu schmeißen. Außerdem gibt es ein Programm mit inhaltlichen und spaßigen Themen, sowie Spiel und Action.

Ach ja: Alle Teilnehmenden gehen tagsüber natürlich ihren üblichen Tätigkeiten nach: ob Schule, Arbeit oder Ausbildung – wüst wird es erst, wenn am Nachmittag/ Abend alle wieder zusammen kommen. Gleich ist an fast allen Tagen, dass wir irgendwann aufstehen, um rechtzeitig in die Schule, in die Ausbildung oder unseren Job zu kommen. Irgendwann kommen wir alle wieder, machen Hausaufgaben (jippie!), gehen einkaufen, kochen, planen für den Abend oder organisieren irgendwas – alles gemeinsam und solidarisch versteht sich. Auch das Programm wird gemeinsam beschlossen – eine grobe Planung stand davor schon: Zusammen haben wir zum Beispiel Vorträge gehört, an Workshops teilgenommen, demonstriert und ein Kneipenquiz gemacht.

An einem Abend haben wir uns mit der Bezahlkarte für Geflüchtete auseinander gesetzt:  „Die Bezahlkarte für Geflüchtete soll bundesweit die bisherigen Barauszahlungen ersetzen, haben die Herrschenden beschlossen. Auch wenn die konkrete Ausgestaltung noch nicht feststeht, ist klar, dass die Bezahlkarte im Alltag viele Dinge komplizierter macht und Spontanität nahezu unmöglich wird. Abos, Überweisungen, Spenden und spontane Barzahlungen werden verkompliziert bis verunmöglicht. Die mögliche Bindung der Karte an Postleitzahlen würde außerdem eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit bedeuten.

Das angebliche Problem, das die Bezahlkarte lösen soll, ist der Abfluss von Geld in Herkunftsländer an die zurückgebliebenen Familien von Geflüchteten oder an sog. Schlepper. Harte Zahlen gibt es dazu nicht, aber es ist unrealistisch, dass bei den rund 200€, die Geflüchteten zustehen, hier große Mengen zusammenkommen. Gegen die Millionen und Milliarden, die steuerflüchtige Kapitalisten ins Ausland schaffen, kann es nur um Peanuts gehen, und das ist wohl auch allen Politiker*innen klar. Dass es die Notwendigkeit zur Flucht und Gründe für sog. „Schlepperkriminialität“ gibt, können die Herrschenden anscheinend nicht auf die eigene Ausbeutung und Kriegsführung im globalen Süden nicht zurückführen.

Der wirkliche Grund für die Bezahlkarte, der auch von ihren Fürsprechern nicht geheimgehalten wird, ist die Gängelung und Disziplinierung der Schwächeren. Man erhofft sich eine abschreckende Wirkung, die angesichts der tödlichen Gefahren in den Herkunftsländern aber zweifelhaft ist. Außerdem sollen Drogenhandel und Glücksspiel verhindert werden. Die Politik befeuert also die rassistische Spaltung der Gesellschaft mit verunglimpfenden und erlogenen Vorstellungen von Geflüchteten.

Für Kinder von Geflüchteten bedeutet das zum Beispiel: noch schwierigerer Zugang zu den Notwendigkeiten des Alltags. Der Kauf eines gebrauchten Fahrrads, Handys  oder von Klamotten über Ebay, an Flohmärkten o.Ä. geht ohne Überweisung und mit einem Bargeldbudget von 50€ im Monat einfach nicht. Teilhabe an Freizeit und ein Leben ohne ständige Schikane bleibt wie immer dem vor allem weißen Bürgertum vorbehalten.

Diese Disziplinierungsmaßnahmen, wie auch erste Überlegungen zu Formen der Arbeitsverpflichtung von Geflüchteten gegen Minimalentlohnung macht einen weiteren Zweck klar: die Dienstbarmachung der Schwächsten für immer stärkere Ausbeutung. Ein Angriff auf einen ist ein Angriff auf alle – das ist spätestens klar, seitdem ein CDU-Abgeordneter vorschlug, die Bezahlkarte auch auf Bürgergeldempfänger*innen auszuweiten, um diese besser kontrollieren zu können und dazu zu drängen, auch die miesesten Jobs anzunehmen.

Baut Nachbarschaftshilfen auf und unterstützt Geflüchtete dabei, an Bargeld zu kommen! Übt Druck auf eure Kommune aus, die die konkreten Maßstäbe der Bezahlkarte letztlich festlegt. Auf unseren Zeltlagern und Freizeiten können alle Kinder und Jugendlichen mitfahren, egal wie knapp das Geld ist, und auch die Bezahlkarte wird kein Hindernis sein. Unsere Ziele sind aber nicht nur die Verhinderung der Bezahlkarte, sondern das Ende von rassistischer Sortierung von Menschen, Sozialleistungen am Existenzminimum und Ausbeutung!“

Wir waren auch gemeinsam mit anderen progressiven Gruppen auf der get organized Demonstration.

Dort haben wir am Ende auch einen Infostand gemacht. Wenn du Interesse hast dich politisch zu organisieren und der kapitalistischen Welt mit all ihren Auswirkungen etwas entgegenzusetzen; wenn du dich und Andere bilden möchtest in Fragen des Feminismus, des Antirassismus, der Klimakatastrophe, der Arbeiter*innengeschichte und – gegenwart, dich in Kapitalismuskritik üben und Ideen entwickeln wie eine gerechte Welt aussehen könnte. Wenn du Lust hast Teil eines Kollektivs zu sein und mit Kindern und Jugendlichen sozialistische Erziehung praktizieren möchtest; dann bist du bei uns genau richtig! Wir machen zum Beispiel Gruppenstunden und Zeltlager für alle zwischen 6 und 18  und wenn du älter bist kannst du als Helfer*in pädagogisch politische Arbeit, Öffentlichkeits-, Bildungs- und Bündnisarbeit oder offene Angebote bei uns machen. Melde dich gerne unter buero@falken-nuernberg.de oder schreib eine Nachricht an falken.nuernberg auf Instagram.